Warm heart

'You've got a warm heart, you've got a beautiful brain' ertönt im Hintergrund und wir schauen uns beide an.
"Wir wissen beide, dass es so ist", sagt er, "oder?"
Ich zucke mit den Schultern, um nicht öffentlich Ja sagen zu müssen.
"Meinst du, es macht einen Unterschied?" fragt er.
"Wenn ich es öffentlich zeigen würde?"
Er nickt.
Unterschied für wen? denke ich mir für einen kurzen Augenblick. "Vermutlich", antworte ich stattdessen und wir wissen beide, dass die Antwort nicht ausreicht. Meine Gedanken fließen gefühlt in zwanzig verschiedene Richtungen.

"Unachtsamkeit", greift er ein Wort aus meinem Gedankenstrom und trifft damit den Kern des Problems.
"Ja", entgegne ich und folge der gedanklichen Spur. "Unachtsamkeit gegenüber Missbrauch."

Ich erinnere mich an vergangene Phasen des Lebens, kindliche Naivität und den Glauben an das Gute an der Welt. Wie, wenn nicht das Böse, dann zumindest das Menschsein anderer Menschen dem Ganzen einen Knacks gegeben hat. Ich erinnere mich an eigene Grenzüberschreitungen und -verletzungen, weil die Intention im Verhalten nicht automatisch deutlich wird oder ich es nicht besser wusste. Nicht besser konnte.

"Die Quadratur des Kreises", wirft er von der Seite ein. "Zeitgleich offen und zugänglich zu sein und die eigenen Grenzen, und vielleicht auch die des Gegenübers", ergänzt er, "im Blick zu haben."
Ich nicke. "Ohne dem Anspruch zu verfallen, dass es die ganze Zeit so sein müsste."
"Das klingt anstrengend", sagt er anteilnehmend.
"Ist es", antworte ich und atme schnaufend aus. "Ist es."