(Un-)Überlegt

"Hast du dir das wirklich gut überlegt?" Seine Augen gehen über die Liste an Themen, die dieses Jahr bei mir anstehen.
"Nein", antworte ich trocken und lege meinen Kopf leicht zur Seite. "Und ehrlich gesagt weiß ich auch noch nicht, wie ich das energetisch umsetzen soll."

Wohin man auch sah, sprachen die Leute immer von Zeitmanagement. Ich hatte häufig das Gefühl, mich - im Guten wie im Schlechten - außerhalb von Raum und Zeit zu bewegen: Minutenlange Routineaufgaben zogen sich zäh wie Kaugummi und kamen mir vor wie unerträgliche Stunden. Vergangene Jahre ließen sich zu einem Papierknäuel zusammen- und in den Skat drücken. Zeitgleich ließen sich einzelne Augenblicke aus dem Strom des Lebens greifen und in Sekundenbruchteilen auf Filmlänge ziehen oder an einem Tag die Arbeit von Wochen erledigen.

"Fokus", fährt er mit der Klinge in Richtung meines Kopfes. "Fokus und Flexibilität."
Ich seufze.
"Du hast dir das selbst ausgesucht", quittiert er mein latentes Resignieren.
"Habe ich das?"
"Hast du." Er zuckt mit den Schultern, wie ich es nicht anders machen würde.

Ich erinnere mich an die wenigen Male in meinem Leben, die ich mich faktisch innerhalb von Raum und Zeit bewegt habe. Zwiespältige Erfahrungen.

"Hier", legt er mir die Hand auf die Brust, "hier musst du ankommen."
Ich seufze, tiefer.
"Ich weiß, was das für eine Herausforderung ist. Welches Preis du dafür zu zahlen hast und dass fraglich ist, ob es überhaupt irgendetwas bringt. Aber was ist die Alternative?"
"Vegetation."
"Vegetation muss gestutzt werden, zumindest an den entscheidenden Punkten."
Ich seufze ein drittes Mal, und er nimmt mich in die Arme. Unüberlegt.