Rückführung

In letzter Sekunde stoppt die Klinge an der Außenhaut der Finger meiner Hand, die ich reflexartig zum Schutz des Gesichts nach oben gezogen habe. "Sloppy", sagt er, löst den Kontakt und geht mit seinem Schwert einen Schritt zurück.

Ich lasse meine Hand sinken, gehe meinerseits einen Schritt zurück und nach innen. Was war passiert? Ich hatte, wie üblich, das Schwert in die Hand genommen und war ohne großes Nachdenken auf meinen Gegenüber losgegangen. Ein Vorgehen, welches mir erstmalig beim Ki-Aikido-Training bewusst geworden war: Unbedachte Angriffe. Selbstschutz? Fehlanzeige.

Nun also wieder. Mit dem Unterschied, dass wir waffenlos im Gespräch waren, da mich das faktische Führen eines Schwertes zwangsweise für die eigene (Nicht-)Zentrierung sensibilisiert. Im Alltag? Schwierig. Zu groß die Einladung einfach auf Einladungen einzugehen.

"Zumindest wenn du nicht bei dir bist", durchbricht seine Stimme mein Denken.
Ich öffne die Augen, schaue ihn kurz an und lache. "Zumindest wenn ich so weit von mir weg bin, dass ich nicht mal mehr selbst merke, dass ich neben mir stehe."

Es war eine wertvolle Differenzierung, die über die letzten Jahre entstanden war: Dass neben mir zu stehen kein Problem darstellt, wenn ich mich immer noch selbst verorte. Die Paradoxie des in mir neben mir zu stehen, vielleicht auch umgekehrt. Beobachtungen und Momente, in denen ich bestenfalls wieder auf mich zugehe, um in mir in mir zu stehen - idealerweise einfach bin.

Ich schmunzele über meinen eigenen Gedanken. "Findest du es nicht auch merkwürdig, dass es bei Rückführungen um frühere Leben geht, wo wir Menschen doch häufig genug in diesem Leben neben uns stehen?"
"Vielleicht hat das eine mit dem anderen zu tun?!" Er zuckt die Schulter, so als wäre die Antwort darauf nicht wichtig.
"Ich finde das einen interessanten Punkt", entgegne ich. "Altes, oder überhaupt, loszulassen. Zuzulassen."
"Weil du im ersten Moment wieder an Selbstbeobachtungsoptimierung dachtest?"
Ich nicke.
"Braucht es nicht", entgegnet er. "Sein reicht."