Männerübung

Mit festem Schritt laufe ich durch unsere Wohnung.
"Was ist denn das?", fragt er. "Dein Faschingskostüm?"
"Ich gehe mit meinem kosmischen Ich spazieren", entgegne ich und die Armbrustschützen des Universums senken ihre Waffen, weil sie wissen, dass es für sie gerade nichts zu holen gibt. Vielleicht wäre es auch richtiger gewesen zu sagen, dass mein kosmisches Ich mit mir spazieren geht. Wir miteinander.

Meine Erscheinung ähnelt dem eines Waldläufers. Der lederne Brustpanzer, der meinen Oberkörper kleidet, besteht aus einem Komposit aus Carbon und Nanotechnologie, sodass er in kritischen Momenten zur Platten- oder Garderüstung transformieren kann. Die Armschienen spiegeln leichte Energieflüsse der darunterliegenden Unterarme wider. Auf meinem Rücken trage ich mein Schwert so wie Geralt von Riva aus der Witcher-Reihe.

"Du weißt schon, dass unsere Aufgabe - kosmisch gesehen - der Schutz der Weiblichkeit, der Schutz des Lebens ist, oder?" Ich spreche sowohl ihn als auch uns Männer im Allgemeinen an.
"Hast du das auch auf deinem Drogenseminar gelernt?" Er war seit jeher der skeptischere und bedachtere von uns beiden.
"Erfahren", antworte ich, "erfahren. Intellektuell wusste ich es schon vorher."
"Und, wie läuft's?" Seine Worte klingen nüchtern und trocken, ohne desinteressiert zu sein.

"Siehst du das?", bewege ich meine Arme links und rechts durch den Raum und drehe meine Hände dabei.
"Dein kosmisches Ich, das du Spazieren trägst?!"
Ich schmunzele leicht ob seiner Bezugnahme. "Leider nein. Mein irdisches Ich, mit all seinen Limitierungen, Begrenzungen und Beschränkungen."
"Du meinst wir sind alle nur menschliche Fleischhaufen, die unserer kosmischen Bestimmung folgen?"

"Sagen wir, ich übe mich darin", beantworte ich seine beiden Fragen.
Wir alle taten es auf unsere Art und Weise.