Andere Frauen

„Das ist nicht fair“, sagt sie. „Für deine anderen Frauen schreibst du immer irgendwelche spannungsgeladenen Sex-Geschichten und mich zitierst du mit Sätzen wie ‚Mein Mann beherrscht die Kunst der Metapher.‘ oder ‚Mein Mann beherrscht die Kunst des unsichtbaren Flirtens wie kein Zweiter.‘“ Sie war in Teilen wirklich empört.
Ich zucke, ein wenig entschuldigend schauend, mit den Schultern und frage mich, was ich diesbezüglich sagen sollte. Sagen könnte.

Sie und ich wussten, dass der Anteil irgendwelcher Sex-Geschichten marginal war. Allen voran, was die öffentliche Lesbarkeit anbetraf. Ohnehin hatte mein Schreiben seit 2014 fast vollständig nachgelassen, war das Leben deutlich stärker als zuvor in mein Leben getreten und schrieb eigene Geschichten. Meine literarische Aufbereitung oder Ausarbeitung brauchte Inspiration, Raum, Freiheitsgrade und – jenseits der Liebe zur Sprache – bestenfalls zwischenmenschliches Drama. Letzteres war gemeinhin nicht notwendig, aber zumindest in meinem Erleben hilfreich. Wenn nicht für die Texte, dann zumindest für den Prozess des Schreibens.

Erst kürzlich hatte ich ein Zitat von Virginia Woolf gelesen: ‚How many times have people used a pen or paintbrush because they couldn’t pull the trigger?’

Die tragischsten Momente, in meinem Fall eher Jahre, waren die, in denen ich den meisten Text produzierte. Mit meiner Hand in mein Innerstes griff und all die Tragik, das Leid und den Schmerz aus mir heraus riss und auf das Papier drückte.

Sie würde sich beim Lesen dieser Zeilen bestätigt fühlen und sich wiederholen: ‚Mein Mann beherrscht die Kunst der Metapher.‘ Ihr leicht, wenn nicht verächtlicher, dann zumindest augenrollender Unterton, würde auf dem Papier verhallen.

„Jetzt legst du es aber wirklich darauf an, oder?“, sagt sie seufzend, die Hände in der Taille aufgestellt, den Kopf leicht gedreht und eine Augenbraue hochgezogen.
Ich lache. „Auf jeden Fall!“ Jedes einzelne Wort dieses Satzes unterstreicht das vorher Gesagte.